Mt. McKinley (Denali)​ - 6193 m - Expedition
Der Mt. McKinley (Denali) mit seinem 6193 m ist der höchste Berg der USA / Alaska
​​
​
​
Geplante Dauer vom 08.05. bis 03.06.2012
Abbruch am 18.05.2012 nach tragischem Todesfall eines Bergfreundes aus unserer Expeditionsgruppe
Heimflug am 22.05.2012
​
​
Wir beginnen unsere Tour in einer 2-er und einer 3-er Seilschaft. Geplant war für die Besteigung des Berges rund 3 Wochen, doch kam alles ganz anders und nach 14 Tagen war das Unternehmen Mt. McKinley 2012 beendet.
Bereits die Zugfahrt von Hamburg nach Frankfurt erweist sich als Abenteuer. Kurz vor 1.00 Uhr in der Nacht fährt der Zug los und wird in Hannover neu zusammengestellt. Ein Zug soll nach Prag fahren, ein weiterer Richtung Schweiz und mein Zug fährt auf einmal Richtung Amsterdam. Nach der ersten Aufregung und Diskussion mit dem Zugbegleiter finden wir eine Lösung. In Dortmund steige ich mit dem gesamten Gepäck aus und fahre mit dem ICE Richtung München und erreiche den Haltpunkt Frankfurt-Flughafen sogar 15 Minuten früher als geplant. Hier vervollständigen wir unsere Ausrüstung mit Zelten, Kochgeschirr und Essen.
Gestartet wird am 08.05.2012 in Frankfurt und nach einem 9,5 stündigen Flug kommen wir in Anchorage an. Im Flugzeug treffe ich die Südtiroler Berglegende Hans Kammerlander wieder, mit ihm habe ich 10 Tage vorher schon eine Bergwanderung unternommen. Er ist mit einem Berggefährten unterwegs zu einer Expedition zum Mt. Logan. Nach der Landung werden wir mit den für die USA üblichen Einreisekontrollen konfrontiert, die Fingerabdrücke werden eingescannt und ein Foto gemacht. Jetzt noch Fragen warum wir hier sind und wie lange der Aufenthalt dauern soll. Unsere beiden Gruppen ereilt das gleiche Schicksal als der Zoll unsere komplette Bergverpflegung auseinander nimmt und all das, wo Fleischanteile drin sind beschlagnahmt, auch die verschweißte originalverpackte Trekkingnahrung. Hier gibt es keine Diskussionsmöglichkeit und kein Erbarmen. Also müssen wir in Anchorage unsere Expeditionsnahrung „Made in USA“ neu kaufen. Für diese Eventualitäten ist ein Tag geplant. Wir nehmen uns ein Taxi und fahren zu dem Hostel Beed and Breakfest. Am Nachmittag checken wir die gesamte Ausrüstung und fahren erneut mit einem Taxi zum Outdoorausstatter RAI um fehlendes wie Gaskartuschen und Nahrung zu kaufen. Auf dem Rückweg besuchen wir einen Supermarkt und holen Kleinigkeiten wie Wurst, Brot, Käse, Süßigkeiten uvm.
Anchorage ist eine für US-amerikanische Verhältnisse, ruhige und beschauliche Großstadt. Nach unserem Empfinden scheint es hier keine Hektik, Stress, Gewalt oder ähnliches zu geben, genau das richtige für USA-Neulinge wie wir es sind. Das in Amerika alles ein wenig „Bigger“ ist, merkte man am Abend in der Pizzeria „Mooses Toot“.
Tag 3: Anchorage – Talkeetna
Gegen 5.00 Uhr werden wir noch einmal von David mit einem fantastischem Frühstück verwöhnt und Pünktlich um 6.00 Uhr geht es dann endlich los. Abfahrt Richtung Alaska Range, nach 2,5 stündiger Fahrt erreichen wir Talkeetna, ein kleines Trapperdorf in der Tundra Alaskas. Von hier starten alle Expeditionen unter anderem zum Mt. McKinley.
Wir beziehen Quartier in den kleinen Talkeetna-Hostel. Von einem Inspektionsspaziergang bringen wir 2 Eissägen mit, welche wir gegen eine Gebühr ausleihen. Am frühen Nachmittag geht unsere 3-er Gruppe zu unseren Termin bei der Nationalparkleitung. Bereits im Vorfeld haben wir per E-Mail unsere Zeiten erhalten, wann wir uns vorstellen sollen. Die Ranger machen ihren Job sehr gewissenhaft. Angefangen von allgemeinen Verhaltensweisen bis hin zum Umgang mit dieser ominösen grünen Tonne (Shit-Pack), welche auf unserer Expedition zum ständigen Begleiter wird. Hingewiesen wird auf die Gefahren, die besonders am Denali allgegenwärtig sind. Durch zum Teil schockierende Bilder wird der Ernsthaftigkeit der Situation in dieser arktischen Gebirgsregion Nachdruck verliehen. Danach geht es zum K2 – Hangar des Flugplatzes, von dem die Airtaxis zum Denali starten. Hier erledigen wir die Anmeldeformalitäten zum Flug auf den Gletscher. Am Abend laufen alle gemeinsam in den Ort und kehren im West-Rip ein.
Tag 4: Talkeetna
​Heute war 6.20 Uhr aufstehen angesagt. Nach einem deftigen amerikanischen Frühstück im Roadhouse begeben wir uns wieder zum Hangar. Hier wird noch mal alles vorbereitet für den Abflug, wiegen, verteilen und umpacken. Meine Tasche bringt 47 Pfund und mein Rucksack ca. 20 Pfund auf die Waage und habe mit Abstand das leichteste Gepäck. Dazu kommen noch Gaskartuschen, Kochgeschirr, Zelte, Seil und Nahrung. Das gesamte Gepäck wird jetzt zum Flugzeug gebracht, verstaut und gesichert. Das Wetter verheißt nichts Gutes, aber wir sollen uns bereithalten, vielleicht tut sich ja noch ein Schönwetterfenster auf. Man muss wissen, die Piloten fliegen auf Sicht und orientieren sich an Bergkämmen und Gipfeln.
Gegen 18.00 Uhr kommt das endgültige Aus für heute. Morgen früh 9.00 Uhr auf ein Neues. Neben der riesigen Pizza, war dann der Abend im „Fairview Inn“ mit Live Musik, das Highlight des heutigen Tages.
Tag 5: Talkeetna – Kahiltna-Gletscher – Camp 1
Das warten hat ein Ende, nach dem Frühstück finden wir uns bei K2 ein. Da unser Gepäck noch verpackt ist geht es schnell. 9.00 Uhr starten wir, Anfangs fliegen wir über die Tundra, doch bald schon sehen wir die ersten schneebedeckten Gipfel. Der Pilot manövriert das Flugzeug zum Greifen nah an den Berggipfeln vorbei, wir fliegen über den gewaltigen Kahiltna-Gletscher und der Landeanflug auf demselben ist ein Erlebnis der besonderen Art. Dann muss alles schnell gehen, Flugzeug entladen, andere warten bereits auf den Rückflug. Auf dem Gletscher ist Top Bergwetter. Tiefer Schnee, Sonne und eine traumhafte Kulisse. Wir melden uns bei der Rangerin und Chefin des Basislagers, holen uns jeder eine Pulka, graben noch ein Depot in dem wir einen kleinen Teil der Verpflegung lassen und bereiten uns für unsere erste Tagesetappe vor. Nach 2 Stunden geht es los. Da wir von Beginn an in Seilschaft und mit Schneeschuhen gehen tut sich der ein oder andere noch etwas schwer einen gleichmäßigen Rhythmus zu finden. Der Tiefschnee (ca. 80 cm) erleichtert das ganze auch nicht. Wichtig ist, langsam gehen und Kraft sparen, die Pulka und die Rucksäcke bremsen uns schon ein. Es ist schon ein Unterschied, ob man nur mit einen Tagesrucksack und 8 Kilogramm geht oder mit ca. 40-45 Kilogramm auf den Rücken und im Schlepp vorwärts kämpft. Am Nachmittag ändert sich das Wetter, Wolken ziehen auf, mit diesen kommt der Wind, es wird kälter und beginnt zu schneien. Die Sicht ist schlecht. 18.30 Uhr erreichen wir das Camp 1 auf 2500 m. Jetzt heißt es Zelt aufbauen, Schnee auftauen, Tee kochen und unser Trekking-Essen zubereiten. Die Temperaturen sacken weiter ab und 23.00 Uhr krauchen alle in ihre Schlafsäcke.
Tag 6: Camp 1 – Camp 2 auf 2700 m
6.00 Uhr wache ich auf, habe gut geschlafen. Beim Blick aus dem Zelt werden wir von 50 cm Neuschnee überrascht und das Thermometer zeigt -10°C, nach freischaufeln geht es ans Schnee schmelzen für Tee und Mouse Chocolate zum Frühstück. Das Wetter wird besser, nach dem Packen und Zelt abbauen starten wir um 11.00 Uhr unsere nächste Etappe. Leider wird Anfangs unser Laufrhythmus stark eingebremst. Roland muss zum wiederholten Mal seine Pulka richten und letztendlich komplett neu packen. Vor uns liegt der Ski-Hill, wer anfangs noch gefroren hat, kommt jetzt ins Schwitzen. Der nicht enden wollende Hang ist kraftraubend und anstrengend. Der trockene Schnee will die Pulkas einfach nicht rutschen lassen. Jeder hat seine Last zu schleppen und zu ziehen, mehr oder weniger, was man der Meinung war mitnehmen zu müssen. Von Zeit zu Zeit bleiben wir stehen, machen Schnappschüsse und Videos. Das heutige Tagesziel erreichen wir ca. 15.30 Uhr und haben Glück, können vorhandene Schneeburgen nutzen, welche vorausgegangene Expeditionen schon errichtet hatten. Es folgt das übliche Prozedere, Zelt aufbauen und Schnee schmelzen, auch bauen wir das Reservezelt auf welches ich allein beziehe. Zum Abendbrot gibt es Brot, Wurst und Käse, als letztes esse ich die ganze Tüte Granbeere Gummifrüchte auf. Schnell wird es kalt, sehr kalt. Zeitig gehe ich in meinen warmen Schlafsack (+20°C) den ich die ganze Nacht nicht verlasse.
Tag 7: Camp 2 – Camp 3 (auf 3300 m)
Wieder gut geschlafen werde ich um 7.00 Uhr wach, eine Stunde später krauche ich aus meinem Schlafsack. Im Zelt sind -20°C und der gefrorene Tau rieselt mir ins Gesicht. Bereite mein Frühstück vor, langsam alles zusammenpacken und 11.00 Uhr beginnen wir unsere Tagesetappe zum Lager 3. Das Wetter ist wieder genial, Sonne, wenig Wind und Temperaturen um -10° C. Auch dieses Teilstück soll eine üble Schinderei werden. Hier wird jedes Gramm, welches man zuviel schleppt, bestraft. Aber die arktische Bergwelt um uns herum ist einfach nur grandios und belohnt uns für die Strapazen. Es geht wieder ans Zelt aufbauen, Schnee schmelzen, Wasser kochen für Tee und Essen (heute gibt es Waldpilze mit Nudeln). Noch einmal raus zur Notdurft verrichten und ab in den warmen Schlafsack.
Tag 8: Camp 3 – Windy Corner (Akklimatisierungs- bzw. Transportetappe)
War das wieder eine kalte Nacht, soweit man das hier noch als Nacht bezeichnen kann. Es wird nicht dunkel, wir sind ziemlich nah am Polarkreis und da stehen die Sonnennächte an. Der Schlafsack hat im oberen Teil eine Eisschicht durch die Atemluft. Ich bewege mich, berühre die Zeltwand und bekomme eine Dusche aus feinen Eiskristallen ab. Alles im Zelt ist gefroren, angefangen von Brot, Wurst und Käse. Aus Erfahrung der letzten Tage bleiben wir bis ca. 9.00 Uhr in unseren Schlafsäcken und warten bis die Sonne die Zelte erwärmt. Dann werden wir aktiv und bereiten das Frühstück zu.
Heute ist ein Materialtransport geplant. Ziel war es, über den Kahiltna Pass weiter dem „Motorcycle Hill“ bis Windy Corner (ca. 4200 m) aufzusteigen, ein Depot einzurichten und wieder zurück nach Lager 3 absteigen. Die Gruppe ist sich nicht einig. Ein Teil will gleich nach Lager 4 weiter gehen. Nach einer kurzen Diskussion starten wir wie geplant 13.00 Uhr zu unserem Materialtransport. Ich gehe wie bisher immer als erster in unserer Seilschaft. Dieses Teilstück war nicht zu unterschätzen, zum Einem wird das Gelände immer steiler, aber auch vereister, seitlich abfallend und so muss man immer gegen den Hang arbeiten. Zum Glück machte Windy Corner heute seinen Namen keine Ehre, es blieb eher ruhig und stabil. Wir graben ein Loch in dem wir dann Teile unserer Ausrüstung deponieren und markieren es, damit wir am darauf folgenden Tag nicht mit 40 kg pro Mann laufen müssen. Nach einer kurzen Rast gehen alle in das Lager 3 zurück, welches wir 18.30 Uhr erreichen. Ohne Lasten auf den Rücken, war die ganze Sache auch recht entspannt und locker. Ich koche mir 2 Becher Kaffee und genieße dazu die I love Milka-Schokolade, welche mir meine Frau zugesteckt hatte. Was für ein schöner Abschluss eines anstrengenden Tages. Am Abend messe ich mit einem Oxymeter meine Werte: Sauerstoffsätigung 93% und Puls 79, Super !!! In einem gemeinsamen Gespräch einigen wir uns morgen nach Lager 4 umzusetzen. Nach dem abendlichen Kocheinsatz geht es schon um 20.00 Uhr in den Schlafsack.
Tag 9: Lager 3 – Lager 4 Medical Camp auf 4200 m
Letzte Nacht musste ich einmal raus, irgendwie gewöhnt man sich an die Kälte oder auch nicht. Es war noch kälter als die vorige Nacht. Alles war erstarrt, selbst die Gaskocher fingen an zu streiken. Was soll man denn noch alles mit in den Schlafsack nehmen? Da purzelt schon genug darin rum, Akkus samt Fotoapparat, Innenschuhe, Socken, Handschuhe und teilweise Nahrung. Ich schaffe trotzdem eine warme Mahlzeit aus Vanillemilchreis und Tee zu bereiten. Anschließend mache ich meine Runde zu den anderen Zelten und erkundige mich über das Wohlbefinden der anderen Bergsteiger, allen geht es gut. Wir beschließen 12.00 Uhr los zugehen. Da wir bereits am vorherigen Tag schon einen Teil unserer Ausrüstung nach oben gebracht haben, dachten wir, das es nicht so schlimm werden würde, aber weit gefehlt. Zum einen hatten wir immer noch genug Last auf den Rücken und mit den Pulkas im Schlepp ist es eine Wahnsinns Plagerei. Auch gehen mehrere Seilschaften vor uns, Überholen bedeutet einen hohen Kraftaufwand und unnötig hohes Risiko. Also haben wir jede Rast etwas verkürzt und dabei jeweils eine Seilschaft hinter uns gelassen. Kurz vor dem Erreichen unseres Depots müssen wir eine Blankeispassage queren, welche gestern noch „einfach“ zu gehen war. Bei Windy Corner angekommen, graben wir unser Depot frei und verstauen das restliche Gepäck auf die Pulkas. Auch der zweite Teil unserer Tagesetappe wird es noch in sich haben. Wenn auch nicht mehr ganz so steil wie anfangs, ist das Gelände schwer zu laufen. Zum einen fällt das Gelände mal nach links, mal nach rechts ab. Aber auch die häufiger auftretenden, offenen Spalten erfordern vollste Aufmerksamkeit. Die Schinderei wollte kein Ende nehmen und zog sich. Gegen 18.00 Uhr ist es dann geschafft, das Medical Camp ist erreicht. Erst jetzt habe ich ein Auge für die gigantische Kulisse und Lage des Camps, man kann sagen „einer der schönsten Zeltplätze der Erde“, wenn auch ein wenig „frisch“. Da alle gesicherten Plätze belegt waren, wartet nun noch ein hartes Stück Arbeit auf uns. Zelte aufbauen und Schneemauern als Windschutz errichten. Ich habe mir eine völlig zugewehte Zeltburg gesucht und diese eine Stunde lang frei geschaufelt. Am Ende sind alle ziemlich platt und nach Aussage des Chefrangers Joe, soll das Wetter die nächsten Tage stabil bleiben, soweit man das am Denali sagen kann. Etwas hat sich spürbar verändert, die Sonne verschwindet 20.30 Uhr hinter dem Kamm der West Buttress und somit wird es früher bitter bitter kalt. Das Thermometer geht von 0°C binnen weniger Minuten auf minus 20°C. Ich bereite mir noch 2 Flaschen Tee und esse 3 Scheiben halb gefrorenes Brot. Schnell krauche ich in meinen Schlafsack und will noch etwas Studentenfutter essen, aber auch das ist gefroren, also mit in den Schlafsack und immer wenn ich munter bin, wird ein wenig genascht.
Für morgen steht ein Ruhetag auf den Plan, so dass wir länger schlafen können.
Tag 10: Medical Camp (Ruhetag)
Zwar werde ich immer mal munter, jedoch hält mich mein Schlafsack fest. Erst als die Sonne auf die Zelte scheint, wird aus unserem Eispalast kurzzeitig eine Tropfsteinhöhle. Um 11.30 Uhr entschließe ich mich aufzurappeln, zum Frühstück gibt es heute Mousse Chocolate und so langsam erwachen die Lebensgeister wieder.
Ein Blick aus dem Zelt zeigt uns das auch heute das Wetter traumhaft schön wird. Es ist windstill und die Temperaturen liegen bei -5°C, das heißt warm für hier oben. Später gehen wir gemütlich zu den Rangern, stellen uns kurz vor, halten ein Schwätzchen. Am Nachmittag verabreden sich einige zu einer kleinen Akklimatisierungstour. Ca. 300 Höhenmeter geht es in den Hang der West Buttress, welchen wir am darauf folgenden Tag durchsteigen wollen. Wir bleiben ungefähr eine Stunde hier oben und genießen die kaum zu beschreibenden Ausblicke auf die Bergwelt der Alaska Range mit Mt. Moose Toot, Mt. Hunter, Mt. Foraker, West Buttress, Upper West Rio und, und, und. Auch erhalten wir einen ersten Einblick auf das, was uns morgen erwartet. Zurück im Lager heißt es erneut Essen kochen, die Thermosflaschen auffüllen und trinken. Der Flüssigkeitsbedarf in dieser Höhe ist wesentlich höher, man sagt pro 1000 m etwa 1 Liter Flüssigkeit. Dann noch die Ausrüstung vorbereiten und absprechen wie die Gepäckverteilung sein soll. Ich nehme wie immer das 3-Mannzelt, mein Rucksack wiegt etwa 19-20 kg, andere haben mehr zu schleppen, das liegt an unnötigen Sachen die mitgenommen werden.
So wie die Sonne hinter den Bergen verschwindet, rasen die Temperaturen in den Keller. Die letzten Seilschaften kommen aus der Eiswand der West Buttress. Es wird immer kälter und wir verkriechen uns in unsere Schlafsäcke. Da einige letzte Nacht z.B. an ihre Zehen gefroren haben, werden sie heute ein paar dicke Socken mehr überziehen. Trotz kleinerer Blessuren ist der allgemeine Gesundheitszustand unserer Gruppe als gut einzuschätzen, und so planen wir morgen 8.00 Uhr aufzustehen und 10.00 Uhr los zulaufen.
Tag 11: von Lager 4 über die West Buttress (Eiswand) nach Lager 5
​​Was für eine „Nacht“?! Es war klar und windstill, aber die Temperaturen im Zelt fielen auf -30°C. Heute früh geht erstmal gar nichts! Die Kocher streiken und ohne Handschuhe kann man nichts anfassen (Gefahr von Erfrierungen). Ich bin mit meiner Vorbereitung um 10.00 Uhr fertig. Wie ich aus meinem Zelt krauche bemerke ich, dass die restliche Gruppe in keiner Weise bereit ist aufzubrechen und verschiebe unseren Start. Sie wollen auf die wärmende Sonne warten, was sich im Nachhinein als vernünftig erweist. Ich trotze der Kälte und gehe ununterbrochen im Lager auf und ab, suche die Stellen wo die ersten Sonnenstrahlen hinfallen. 11.30 Uhr ist es soweit, die Zelte sind abgebaut und verstaut. Nur mein kleines Zelt bleibt als Notzelt stehen, hier lagern wir das überschüssige Gepäck. Wir bilden eine Seilschaft und kommen los, da wie ich meine das Tempo zu schnell ist, übernehme ich nach der ersten Pause wieder die Führung. Nach ca. 600 Höhenmetern sichere ich die Gruppe über einen Eisbruch in das angebrachte Fixseil und gehe als letzter hinterher. Der Abstand zwischen zwei Bergsteigern sollte ca. 15-20 Höhnmeter sein, jedoch nie mehr als zwei Leute in einer Fixseillänge (Sicherheit). Schon nach wenigen Metern purzelte mir von oben ein Steigeisen entgegen, welches ich noch greifen und nachbringen konnte (keiner nimmt Reservesteigeisen mit). Ich beobachte wie die Gruppe vor bzw. über mir anfangs noch recht nervös wirkte, was sich nach einiger Zeit wie es schien legte. Aus Berichten wusste ich das diese Steileispassage von 45°-50° eine Länge von 250 Höhenmetern hat und wie zu sehen war über blankes Blaueis führt. Wir gewinnen schnell an Höhe, bis plötzlich ein Eispickel uns entgegen stürzt und 10 Meter neben mir, außerhalb der Sicherung im Tiefschnee zum Liegen kommt. Ich schaue nach oben und muss erfahren dass es Steffen seiner ist. Nach kurzer Absprache mit Roland, welcher vor mir geht, entschließe ich mich, aus dem Aufstiegsfixseil zu klinken, in das Abstiegsfixseil und danach aus diesem ohne Sicherung weiter nach links erreiche ich endlich die Eisaxt. Behutsam und vorsichtig steige ich zurück in die Sicherung, schaue nach oben, rufe Steffen zu, er möchte warten ich bringe ihm den Pickel nach. Während dieser Aktion hat Roland in der Sicherung gewartet bis ich vor ihm wieder in das Aufstiegsfixseil mich eingeklinkt habe. Erst jetzt kann ich noch mal nach oben schauen und muss feststellen, dass unterdessen Steffen weiter gestiegen ist. Nach einer kurzen Ausruhzeit steige ich weiter nach oben und erreiche 10 Minuten später das Ende des Fixseils, klinke mich aus, laufe nur mit dem Eispickel die wenigen Meter über den Pass und sehe in 20 Meter Entfernung Ralf sitzen. Ich gehe auf ihn zu, da ruft er mir entgegen dass Steffen abgestürzt sei, darauf erwidere ich ihn, dass man am Berg nicht solche Späße macht. Daraufhin sagt er seinen Satz erneut und wird dabei Kreideblass. Ich drehe mich um und sehe dass Volker etwas nach unten gestiegen ist und nach Steffen ruft, ein Sichtkontakt über den Hang nach unten ist nicht möglich. Zu dieser Zeit ist keiner von uns im Sicherungsseil, dieses liegt lose im Schnee. Ich möchte nicht urteilen ob es gut oder schlecht war. Vielleicht hätte man den Absturz verhindern können, aber genauso hätten zwei weitere Bergsteiger mit nach unten gerissen werden und eine noch größere Tragödie verursacht.​​
​Kurz nach uns kommt eine weitere Gruppe mit Rangern nach oben, welche auf einem Kontrollgang sind, ich gehe zu Ihnen und bitte einen, den Heli zu rufen, was er auch sofort per Satelittentelefon macht. Die Ranger leiten sofort alles Notwendige zu einer Rettung ein. Hoffnung kommt noch mal auf, vielleicht ist er „nur“ einige Meter abgestürzt und man kann ihn retten.
Auch hat Roland uns jetzt erreicht und Ralf versucht uns zu schildern, wie es zu diesem tragischen Unfall gekommen ist. „Volker und Ralf sind als erste auf dem Grat der West Buttress angekommen, gehen aus dem Fixseil um nach einem geeigneten Rast- bzw. Standplatz zu schauen, alle sind erst mal ganz schön platt. Auch Steffen kommt nun oben an und hat für seinen Begriff, einen sicheren Standplatz gefunden, legte seinen Rucksack ab und trank erst einmal, anschließend geht er zum obligatorischen Handschlag zu Volker und Ralf und spricht noch, was das für eine Schinderei gewesen sei. Ralf hat sich in der Zwischenzeit an einem Firnanker gesichert und sagte auch zu den beiden, sie mögen sich sichern. Steffen bejahte dies noch und meinte er hole noch seinen Rucksack. Jetzt nimmt das Unglück seinen Lauf. Steffen ist schon auf dem Weg, plötzlich fällt der Rucksack um und kommt ins rutschen. Alles geht ganz schnell. Er sieht es und rennt los, stürzt sich auf diesen und nun bekommt die ganze Sache ihre Eigendynamik und beide wurden immer schneller. Anfangs Kopfüber hangabwärts, drehten sich beide noch mal, so dass er nach oben schaute. Ralf rief noch, lass los, zu spät, Steffen war weg. Was für ein Schicksal.“
Einer der Ranger seilt sich nun den Hang hinunter ab und versucht etwas zu sehen, ohne Erfolg. Bereits 20 Minuten nach der Meldung, kreiste ein Rettungshubschrauber über der Unglücksstelle. Er ging in den Sinkflug und verschwand in den Abgrund für wenige Minuten und flog dann weg, ca. 15-20 Minuten später kommt er ein zweites Mal um in das Tal zu fliegen. Zwischenzeitlich ist der Ranger, welcher in den Hang gestiegen war und wohl auch Verbindung zum Helikopter hatte, zurückgekommen. Er kam zu uns und teilte uns mit, dass unser Bergfreund gefunden ist, jedoch leider nur tot. Wir sind geschockt.
Im ersten Moment Ratlosigkeit, wie konnte das passieren? War es Unachtsamkeit oder fahrlässig, was war der Fehler? Ich meine, dass es eine Reflexhandlung war, die zu diesem tragischen Unglück geführt hat. Egal wie: Fakt ist, hätte Steffen den Rucksack sausen lassen, wäre er noch am Leben, die Expedition auf Grund der fehlenden Ausrüstung zu Ende, aber dies wäre doch das kleinste Übel. Menschen machen Fehler und leider musste Steffen diesen mit seinem Leben bezahlen. Ich habe einen Bergfreund verloren, mit dem ich bereits im Januar dieses Jahres erfolgreich zum Aconcagua unterwegs war. Für mich war er eher ein vorsichtiger, ruhiger und besonnener Bergsteiger und bin froh gewesen als ich hörte, dass Steffen mit zum Mt. McKinley geht. Unfälle passieren immer wieder, überall im täglichen Leben, ob an der Arbeit, beim Autofahren, im Haushalt oder beim Sport. Viele Sachen die vielleicht hätten vermieden werden können, gehen 1000mal gut und dann passiert es. Ist es Pech oder Schicksal? Nach dem wir alle unsere Zeit brauchten um diese Katastrophe zu begreifen, traten wir den Rückzug vom Berg an. Für uns war klar, mit Steffens Tod ist die Expedition Denali 2012 beendet. Ich stand wohl noch unter Schock, als ich allein den Abstieg über die Steilwand der West Buttress angetreten habe. Bei meiner Ankunft im Medical Camp wurde ich vom Chefranger Joe in Empfang genommen, erst jetzt wurde mir bewusst was eigentlich passiert ist, ich bin völlig niedergeschlagen. Mehrere Bergsteiger und Bergführer haben sich meiner angenommen und versucht mich zu trösten, alle waren betroffen und bekundeten ihr Beileid. Später kommen auch die restlichen unserer beiden Teams in Begleitung von einigen Rangern nach unten. Wir wurden mit heißen Getränken und warmen Essen versorgt und Joe protokollierte den Hergang des Unfalls. Nachdem wir wieder halbwegs zu Kräften gekommen sind, mussten wir noch unser Lager aufbauen. Durch den Absturz fehlte uns auch ein Zelt. Ich zog mich in mein kleines Zelt zurück und Roland verkroch sich in einem zurückgelassenen Zelt einer Gruppe aus Österreich, welche wir auf den Hinflug kennen gelernt hatten. Diese sind einen Tag früher zum Hochlager gegangen und versuchen derzeit den Aufstieg zum Gipfel. Als ich 23.00 Uhr erschöpft in mein Schlafsack krieche, denke ich für mich „was für ein trauriger Tag in meinem jungen Bergsteigerleben“.
Tag 12: Am Tag nach der Tragödie
Wie immer war die Nacht sehr kalt und trotzdem habe ich verhältnismäßig gut geschlafen. Ralf hat mich 11.00 Uhr geweckt. Wie ich aus meinem Zelt krapple ziehen passend zu meinem Gemüht dünne Schleierwolken und Nebelfelder über das Camp. Das Unglück in unserer Gruppe ist in aller Munde, die Bergführerin einer amerikanischen Agentur, bietet uns Hilfe an. Sie ist Deutsche und lebt schon mehrere Jahre in den USA. Wir bekommen heißen Kaffee. Geredet wird nicht viel, jeder versucht das ganze für sich zu verarbeiten. Am Nachmittag müssen wir noch mal zu Joe. Er möchte unsere Entscheidung wissen, wie wir weiter machen wollen. Es soll schon Fälle gegeben haben, die trotz allem in einer ähnlichen Situation weiter gegangen sind. Bei uns ist klar, wir steigen ab. Die Gründe liegen auf der Hand: Trauer, Ethik und fehlende Motivation. Am Abend koche ich mir wieder Kaffee und esse eine Spargelcremsuppe (mein erstes heute). Wir besprechen den folgenden Tag, welcher schwer und lang werden soll. 20.00 Uhr geht die Sonne unter und sofort ist es eisig, schnell verschwinde ich in meinem Schlafsack.
Tag 13: Abstieg vom Medical Camp
Letzte Nacht habe ich kaum geschlafen, immer wieder kommen dunkle Gedanken. Erst wie die Temperaturen im Zelt erträglich sind, beginnen wir unsere Sachen zu packen. Heute ist der Tag des Rückzuges vom Berg. Noch ein warmes Frühstück und Tee kochen, dann geht es daran, das Lager abzubauen und die Pulkas zu packen. Der Abstieg mit Pulkas ist ein Kapitel für sich, alles muss ordentlich verteilt werden und richtig verschnürt, noch die richtige Länge der Zugschnüre finden und am Rucksack befestigen. Weiter muss aus Reepschnur mit Knoten eine Art Bremse gefertigt werden, welche an steilen Hängen unter den Schlitten gelegt wird. Es ist 11.30 Uhr und los geht es, schon die ersten Meter zeigten uns, das es heute schwer werden wird. Die Pulkas laufen seitlich Hangabwärts weg und überschlagen sich teilweise, es ist ein Krampf und Kampf. Allein das kurze Teilstück vom Medical Camp zum Windy Corner, raubt uns Zeit und Nerven. Wir entschließen uns aus dem Seil zu gehen und die Sache einzeln zu machen, da das Seil zusätzlich behindert. Natürlich muss man dabei noch vorsichtiger gehen und auch genauer nach eventuellen Spalten schauen. Ralf und ich kommen am besten Vorwärts und finden unseren Rhythmus. Nach Windy Corner oberhalb vom Lager 3 kommen wir an die gefährlichste und kniffligste Passage des Tages. Der Hang läuft rechts weg und ist zum Teil hart vereist. Die Bremsseile an den Pulkas bringen auch nicht viel. Diese schlitterten dann auf gleicher Höhe unter uns im Hang mit oder überschlagen sich. Hier muss jeder Schritt mit dem Steigeisen genau gesetzt werden und gleichzeitig richtig gegen den Zug des Schlittens gearbeitet werden. Ein falscher Schritt und man stürzt einige hundert Meter an den Fuß der West Bustress Flanke. Endlich, das Lager 3 kommt in Sicht und das schlimmste Stück war hinter uns. Die Pulkas überschlagen sich noch einige Male, aber das kannten wir ja schon und nehmen es fast schon gelassen hin. Im Lager 3 angekommen, Ralf und ich haben einen kleinen Vorsprung, suchten wir unser angelegtes Depot und graben es aus. Das Gepäck wird verteilt und weiter geht es. Wir sind unterhalb der Wolken oder in diesen und es beginnt zu schneien. Aber nicht wie wir es kennen, sondern mehr Schneestaub. Die Mischung aus Schneestaub, Nebel und diffusen Sonnenlicht zauberte eine ganz eigenartige gespenstige Stimmung in die arktische Landschaft. Die Sicht durch die Gletscherbrille verstärkt dies noch mehr. Immer wieder halten wir an um Fotos zu machen. Das Gelände oder der Weg wird jetzt immer einfacher und wir mussten nur noch auf Gletscherspalten achten. Es wird immer flacher und die Pulkas laufen jetzt auch ordentlich in der Spur. Ralf und ich sind schon weit voraus und entschließen uns auf Roland und Volker zu warten. Nach etwa 20 Minuten tauchen sie aus dem Wolkenschleier auf. Wir unterbreiten den Vorschlag, da es doch ganz gut läuft, durchzugehen bis zum Basislager. Erstmal gehen wir bis zum Lager 1 und werden dort abschließend eine Entscheidung treffen. Eine einbrechende Nacht haben wir nicht zu befürchten. Wir können bis 24.00 Uhr oder länger gehen. Je tiefer wir kommen, umso klarer wird die Sicht. Die Berge sind gewaltig und beeindruckend schön. Schnell nähern wir uns Lager 1 und fühlen uns noch körperlich fit. Was tun? Noch einmal Zelt aufbauen, abbauen, packen, nochmals motivieren und losstapfen. Nicht wirklich !! Ralf und ich warten auf die beiden Anderen und wollen es zum Abschluss bringen. Roland und Volker reicht es, sie wollen im Lager 1 bleiben und morgen dann sich noch mal aufraffen. Es sind noch 11 Kilometer und zum Schluss den Hartbreak-Hill ansteigend. Augen zu und durch. Wir fühlen uns gut und wer weiß wie am Morgen das Wetter ist oder ob ab Mittag noch ein Airtaxi fliegen kann. Also gehen Ralf und ich weiter, wir kommen gut voran, aber es zieht sich. Irgendwann, es ist zwar hell, aber die Sonne ist hinter dem Bergkamm verschwunden, kam auf der linken Seite in einem Seitental, der Hartbreak-Hill und oberhalb, als kleinen Punkt, können wir das Basislager erkennen. Uns überholt ein einzelner Bergsteiger, welcher die Abfahrt mit Tourenski machte. Wir sehen ihn später am Einstieg zum Hartbreak-Hill wieder. Eigentlich sieht er ganz easy aus. Was dann kommt, heißt noch mal richtig beißen. Das Ding will zum Schluss einfach kein Ende nehmen. Unseren Skiläufer sehen wir kurz vorm Eintreffen im Basislager, es ist 21.30 Uhr, wieder.
„Wir haben fertig, sind wie Flasche leer“ … es reicht.
Über 2000 Höhenmeter abgestiegen, sind wir jetzt auf 2200 Meter, es ist bitterkalt. Wir bauen schnell das Zelt auf, Isomatte und Schlafsack rein und … . Nein Ralf holt aus seiner Tasche noch einen kleinen Snack, ein Rest von Truthahnsalami und als Dessert, leckere Bambina-Schokolade (übrigens ein Geheimtipp, da diese nicht zu Stein gefriert und essbar bleibt). Aber nun ist wirklich genug und weg sind wir. In der Nacht geht irgendwo eine Eislawine herunter.
Tag 14: Rückflug vom Basislager nach Talkeetna
​​Wir haben beide gut geschlafen. Vielleicht war es die Anstrengung des Vortages. Etwa 25 Kilometer auf dem Gletscher mit den Schneeschuhen, den Pulkas und dem Gepäck auf dem Rücken, ist nicht ganz ohne. Im Internet habe ich mal gelesen „wenn du zum Mt. McKinley willst, solltest du dich am Mt. Everest vorbereiten“ Naja, ob das so zutrifft können nur die beurteilen, welche schon beide Berge bestiegen haben. Wohin und wann es für mich weiter geht ist noch offen, erst muss ich einmal diese Situation und die Ereignisse verarbeiten.
7.30 Uhr stehen wir auf, unser Zelt gleicht einer Tropfsteinhöhle, also sind wir schnell draußen, packen unsere Ausrüstung zusammen und bauen das Zelt ab. Wir melden uns bei der Rangerin Lisa und ordern den Rückflug. Da zwei unserer Gruppe noch unterwegs waren, bekommen wir erst für 13.00 Uhr den Flug mit K2. Nun haben wir viel Zeit. Wir graben das Depot, welches wir am ersten Tag unserer Expedition angelegt hatten, aus.
Oben am Denali, hat sich die berüchtigte Wolkenkappe gebildet und das bedeutet für die, welche jetzt im Hochlager oder im Aufstieg zum Gipfel sind, nichts Gutes.
Bei uns im Basislager wird es immer wärmer und die Sonne heizt mächtig. Wir hören das Brummen der ersten Airtaxis und beobachten die Landungen. Schon beeindruckend, wie routiniert die Piloten das, auf der abenteuerlichen Start- und Landebahn durchziehen.​​
​Die Chefin des Lagers bringt uns Getränke und Kuchen. Was für ein Service !
Gegen 12.00 Uhr hören wir bekannte Stimmen, doch es sind nicht Roland und Volker. Unsere Österreicher, Joachim und Werner, sind da. Die erste Frage, habt ihr es geschafft? Leider nur so halb, sie mussten kurz vor dem Gipfel abbrechen, es fehlten halt noch einige Höhenmeter. Durch Wind, Schnee und Verwehungen, wurde das Risiko einfach zu groß. Von dem Unglück in unserer Gruppe, hatten sie schon im Medical Camp und unterwegs im Abstieg gehört.
Ca. 13.00 Uhr kam dann unser Flugzeug. Zum gleichen Zeitpunkt traf der erste fehlende unserer Gruppe ein, auch Roland hat es geschafft. Da er ein wenig spät ankam und Volker noch am Hartbreak-Hill kämpfte, noch umpacken musste und der Pilot drängte, sollten sie mit einer Maschine später ausgeflogen werden und die Össis nahmen deren Plätze ein. Ralf hatte das Glück und konnte auf den Platz des Co-Piloten sitzen. Dort hatte er auch den besten Aufnahmeplatz für Fotos und Filme. Wir kannten zwar schon vom Hinflug die beeindruckende Szenerie des Kahiltna-Gletschers und der Bergwelt der Alaska Range, doch ist es wieder von neuem atemberaubend und traumhaft schön.
Unser Pilot machte einen erfahrenen Eindruck und wir genießen den Flug. Nachdem wir die arktische Bergwelt durchflogen haben, sahen wir, wie in kürzester Zeit, wir waren ja nur 12 Tage in den Bergen, die unter uns liegende Tundra zum Leben erwacht ist. Vor uns liegt der Flugplatz von Talkeetna und wir gehen in den Landeanflug. Was dann passierte, sollte typisch für unsere gesamte Expedition sein. Ganz normal flogen wir die Landebahn an und dann passierte es. Ein eigenartiges Geräusch, das Flugzeug bremste abrupt und bäumte sich auf. Der Bug neigte sich in Richtung Landepiste und der Propeller schredderte im Beton. Die Maschine zog scharf nach rechts und wir standen. Ruhe im Flugzeug. Der erste, der etwas sagte, war der Pilot „Shit“ … . Raus aus dem Flugzeug. Was war passiert? Wir hatten eine Bruchlandung überlebt. Wichtig war, keiner hat gesundheitliche Probleme davon getragen. Das Flugzeug zeigte Spuren des Crashs, eine eingedrückte „Nase“ und die Propellerflügel waren eingekürzt. Wir wurden von der Fluggesellschaft von der Landebahn gebracht und umsorgt. Armer Pilot, sein Chef schien grimmig. Wir vermuten, er hat beim Start vom Gletscher, die Schneekufen unten gelassen, dies dann beim Landen auf der Betonlandebahn vergessen. So sind wir nicht auf den Rädern gelandet, sondern eben auf diesen Metallkufen, deshalb wohl auch dieses eigenartige Landegeräusch.
Als der erste Schreck verflogen war, konnten wir schon wieder darüber lachen, aber irgendwie passte es.
Nachdem Roland und Volker ausgeflogen waren und hörten was passierte, waren sie ganz froh, nicht auch noch bei diesen „Abenteuer“ dabei gewesen zu sein.
Wir checkten im Talkeetna-Hostel ein und ließen den Tag in einem Pub, wo wir mit unserer Bruchlandung Tagesgespräch waren, bei Bier, Burger und Pizza, ausklingen.
Tag 15: Talkeetna – Anchorage – Frankfurt (Heimreise)
Schon am Vorabend haben Joachim und ich beschlossen, so schnell wie möglich von hier abzureisen. Wir haben unsere Flüge umgebucht und fahren heute früh 6.00 Uhr mit einem Kleinbus nach Anchorage und Rückflug nach Deutschland.
​
​
Zu Hause angekommen musste ich erst einmal alles setzen lassen. Das Gesehene, Erlebte und Geschehene verarbeiten. Vielleicht dauert es Wochen oder Monate, wer weiß. Wir hatten Glück in vielerlei Hinsicht. Das Wetter meinte es gut mit uns. Unsere Gruppe war top drauf und bei bester Gesundheit.
Nur einmal verließ uns das Glück. Es war eine traurige und dramatische Expedition, in einer traumhaft schönen eisigen Natur.
Bereits jetzt denke ich daran, die Besteigung des Mt. McKinley nachzuholen.
​
Dieter Böhme